artefACT Ausgabe 01/2002

Der Donjon de Coucy
Eine der mächtigsten Burgen Europas


Von Rittersaal und Folterkeller, Küche und Schmiede -Leben und Treiben auf einer Burg um die Mitte des 14. Jahrhunderts

Mönchengladbach: Museum Schloss Rheydt. Eingebunden in das Ausstellungsprojekt „Krieg und Frieden" zeigt die „Gesellschaft für Internationale Burgenkunde Aachen e.V." im Städtischen Museum Schloss Rheydt das sechs mal sechs Meter große, bis zu 2,40 Meter hohe Modell des 1223 bis 1230 erbauten Donjon de Coucy. Im Maßstab 1:25 gewährt die authentische Nachbildung der 1917 zerstörten Festung einen Einblick in das mittelalterliche Leben und Treiben auf der im Nordwesten Frankreichs gelegenen großartigen Burganlage. Etwa 2500 handgefertigte Figuren, liebevoll aufgebaut, bieten dem Betrachter das ganze Panorama mittelalterlichen Daseins: So werden Handwerker bei ihrer Arbeit ebenso zu sehen sein wie Gaukler und Spielleute, die an Festtagen nicht nur die höfische Gesellschaft, sondern auch das einfache Volk unterhielten. Beeindruckend ist neben den ungeheuren Ausmaßen der als Verteidigungsanlage ausgelegten Burg

die Austattung der drei übereinander liegenden Säle im Inneren des Donjon, die in der architektonischen Tradition der zeitgleich errichteten großen französischen Kathedralen von Laon, Reims, Amiens und Beauvais mit einem zwölfteiligen Sternrippengewölbe versehen wurden. Errichtet unter Enguerrand III. de Coucy, glich Höhe und Ausmaß des französischen Wohnturmes und der vier ihn umgebenden Flankentürme einer politischen Herausforderung an die französischen Könige. Nach seiner Heirat mit Mathilde von Sachsen, der Enkelin des englischen Königs Heinrich II., de facto einer der
mächtigsten Männer Frankreichs, folgte sein Anspruch dem Motto des Geschlechts derer von Coucy: Ro
i ne suis
Ne prince, ne duc, ne comte aussi Je suis le sire de Coucy.
(Nicht König bin ich; nicht Prinz noch Herzog noch Graf; der Herr von Coucy bin ich.) Ein Motto von schlichter Arroganz.
Einen Schwerpunkt der Darstellung bildet die Belagerung der Burg durch englische Truppen im Jahre 1339, die wenige Jahre vor dem verheerendsten Ereignis der Geschichte Europas stattfanden - der Pest,

die zwischen 1348 und 1350 schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung zwischen Island und Indien dahinraffte.
Darüber hinaus zeigt ein weiteres, zwei mal zwei Meter großes Modell mit etwa 600 Figuren ein französisches Ritterturnier- Höhepunkt eines jeden, nicht immer glanzvollen Ritterlebens. Dreisprachige, reich bebilderte Schautafeln ergänzen die Präsentation und vermitteln in anschaulicher Weise zusätzliche Informationen.
Die überaus erfolgreiche Ausstellung, die unter anderem bereits im Museum der National Geographic Society in Washington, D. C., in Straßburg, Soissons, auf der Albrechtsburg in Meißen und auf Burg Mildenstein zu sehen war, wirft ein Schlaglicht auf einen Abschnitt des 14. Jahrhunderts, das wegen des Hundertjährigen Krieges, des Großen Schismas und des „Schwarzen Todes" zu Recht als ein dunkles, dramatisches Jahrhundert bezeichnet wird.
Ulrike Lua

Museum Schloss Rheydt, Mönchengladbach Krieg und Frieden. Der Donjon de Caucy. 29. März bis 30. Juni 2002. Eröffnung der Ausstellung am 28.3. um 18 Uhr.

Donjon von Coucy, Modell im Maßstab 1:25