Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung

Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e.V.
Landesgruppe Sachsen in Verbindung mit dem Wissenschaftlichen Beirat der
Deutschen Burgenvereinigung

herausgegeben von Heinz Müller

 

Wohntürme

 

Kolloquium vom 28. September bis 30. September 2001 auf Burg Kriebstein/Sachsen

zugleich Sonderheft der Zeitschrift "Burgenforschung aus Sachsen"
Beier & Beran, Archäologische Fachliteratur
Langenweißbach 2002

 

Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme
Wohntürme. Kolloquium vom 28. bis 30 September 2001
auf Burg Kriebstein/Sachsen / Barz, Dieter; Jost, Betina;
Gräßler, Ingolf. Hrsg: Heinz Müller.
Langenweißbach: Beier und Beran, 2002
(Burgenforschung aus Sachsen; Sonderheft)
ISBN 3-930036-76-2

Die Deutsche Burgenvereinigung ist ein gemeinnütziger Verein. Daher arbeiten die Mitglieder des Redaktionskreises ehrenamtlich. Die Verfasser der Beiträge erhalten grundsätzlich kein Honorar.
Für die mit dem Namen des Verfassers gezeichneten Beiträge ist der Verfasser verantwortlich. Nachrichten verantwortet der Einsender. Die Schriftleitung stellt auch Abhandlungen, mit denen sie nicht übereinstimmt, zur Aussprache, wenn diese Beiträge nach ihrer Ansicht die Urteilsbildung des Lesers anzuregen vermögen. Die Schriftleitung erwartet und erbittet , sowohl kritische als auch anregende und zustimmende Zuschriften. Nachdruck aller Veröffentlichungen ist nur mit Genehmigung des Herausgebers und der Redaktion gestattet. Manuskripte sind zu richten an den Herausgeber, Herrn Dipl.- Ing. Heinz Müller, Pfeifferhannsstraße 19, D-01307 Dresden

Redakion: PD Dr. Hans-Jürgen Beier (Werdau), Prof. Dr. Gerhord Billig (Dresden); Dr. Rudolf Meister (Heidenau), Dipl.- Ing. Heinz Müller (Dresden).

Verlag: Beier & Beran, Archäologische Fachliteratur, Thomas- Müntzer- Straße 103, Weißbach, D-08134 Langenweißbach

Gesamtherstellung: Druckservice Albrecht Schirmer, Am Eichenwald 15, 09350 Lichtenstein/Sachsen

Printed in Germany.

Gefördert durch das Regierungspräsidium Dresden und die Deutsche Burgenvereinigung e.V. zur Erhaltung der historischen Wehr- und Wohnbauten, gegründet 1899, Marksburg über 56338 Braubach/Rhein
ISBN 3-930036-76-2

Abbildungen auf den Umschlagseiten: Titel - Burg Kriebstein, Rückseite - Wohnturm in Oflings

 

Inhalt

Heinz Müller
Vorwort .................................................................................................................................................................................4

Dieter Barz*
Bemerkungen zur Entwicklung und den Funktionen des frühen Wohnturmes in Mittel- und Westeuropa...................5

Bettina Jost*
Überlegungen zur Entstehung und Datierung von Wohntürmen in Deutschland im späten 11 Jahrhundert...............15

Ingolf Gräßler
Bemerkungen zur Geschichte der Forschung über Wohntürme.....................................................................................25

Joachim Zeune*
Wohntürme in Bayern ........................................................................................................................................................29

Tomas Durdik
Wohntürme der böhmischen Burgen Karls IV..................................................................................................................41

Friedrich-Wilhelm Krahe
Wohntürme des Mittelalters mit hölzernen Stockwerken...............................................................................................49

Burgtürme in Apulien - Donjon und Wohnturm
Dankwarf Leistikow ...........................................................................................................................................................57

Rudolf Meister
Bemerkungen zu den Wehrelementen an Wohntürmen ..................................................................................................69

Thomas Bienert*
Wohntürme des 14. Jh. im Herrschaftsgebiet der Grafen von Schwarzburg ................................................................73

Gerd Strickhausen*
Wohntürme mit gerundeten Bauformen in Thüringen im 14. Jahrhundert ...................................................................79

Reinhard Schmitt
Steinerne Wohnbauten und Wohntürme vom 10. bis zum 13. Jahrhundert in Sachsen-Anhalt ...................................91

Udo Baumbach
Zur Datierung der Wohntürme in der Burg Rochlitz ....................................................................................................105

Wilfried Pfefferkorn*
Der Wohnturm in Schloß Wolkenstein/ Sachsen. Annäherung an ein unerforschtes Bauwerk.................................113

Stefan Uhl
Der Wohnturm von Oflings..............................................................................................................................................121

Gerhard Billig, Manfred John
Mittelalterliche Wohntürme in Oschatz/Sachsen .........................................................................................................127

Norberf Oelsner, Uwe Richter*
Wohnturm oder Steinhaus? Frühe Steinbauten in Freiberg, Zwickau und Dresden ...................................................135

Bernhard Siepen*
Die Grundrissvielfaltfranzösischer Donjons .................................................................................................................149

Autorenverzeichnis ..........................................................................................................................................................159

* Bei diesen Beiträgen werden Abbildung farbig dargestellt, diese finden sie auf den Seiten 161 bis 174.

 

Die Grundrißvielfalt französischer Donjons


Das komplexe Thema Französische Donjons möchte ich Ihnen nur soweit vorstellen, daß ich Ihnen die Grundrissvielfalt einer kleinen Auswahl aus der großen Zahl von ca. 1100 Donjons wiedergebe 2.
Die verworrenen Machtverhältnisse zwischen den französischen und englischen Königshäusern zeigen vier geopolitische Karten aus den Zeiträumen 987 – 1180, 1180 – 1226, zu Beginn und zum Ende des 100jährigen Krieges. Schon aus Ihnen lässt sich erkennen, wie wichtig der Burgenbau auch in Frankreich war.
Der Donjon als Hauptturm der Burg war Macht- und Status-symbol, Kommandozentrum und im Angriffsfall eine unabhängige Wehranlage. Er unterscheidet sich von anderen Wehrtürmen und speziell vom Bergfried durch seine Konzeption als dauerhafte Wohnstätte des Feudalherren  ausgestattet je nach dessen Macht und Mitteln. Die frühen Holzdonjons auf Erdmotten mit Wall und Palisaden entstanden am Ende des 9.Jahrhunderts., waren bis Mitte des 12. Jahrhunderts verbreitet und wurden dann endgültig durch  Steindonjons ersetzt. Auf dem Wandteppich von Bayeux (1077) mit den Taten Wilhelm des Eroberers ist der Holzdonjon von Dinan dargestellt.
Der erste erhaltene Steinbau ist der »Donjon« (besser Palas) von Langeais (994), errichtet vom Grafen von Anjou, Foulque Nerra. Die frühen romanischen Donjons des 11./12. Jahrhunderts waren viereckig und wie ihre Vorgänger aus Holz. Der Donjon von Falaise, einer der größten im N, besitzt ca. 600 Grundfläche. ( Abb. 1 )
Die Durchschnittshöhe der romanischen Donjons beträgt 25-30m, einer der höchsten ist der von Loches (1030) mit 32,70 (Foto im   Aufsatz      von    Herrn
Barz ). Die Wohntürme waren in der Mehrzahl mit verschiedenartigen Strebepfeilern verstärkt oder zumindest mit flachen Strebepfeilern gegliedert. Diese frühen, markanten Donjons waren noch von geringem Wohnwert und hatten erstrangig Defensivcharakter.

Die Merkmale dieser ürme sind folgende:
- Eingang in durchschnittlich 6 m Höhe mit Leitern oder mobilen Stegen von Kurtinen aus erreichbar;
- im allgemeinen 4 Geschosse mit Holzdecken;
- UG bzw. EG meist fensterlos, eingewölbt und durch ein Angstloch zugänglich;
- selten ein Gewölbe über der letzten Etage;
- Holztreppen, seltener schmale Steintreppen und endeltreppen innerhalb der Mauerstärke
- kleine, hochliegende Fenster;
- Mauerstärken von 1.50-2.00 m
erbände vorwiegend aus Feld- und kleinen Hausteinen;
- Bogenscharten, Zinnen und Hurden
.

Umbauten späterer Epochen konnten die Donjons sehr wohnlich machen, s. Beaugency mit der durch Bögen unterbrochenen Scheidewand.
 ( Foto im Aufsatz von Herrn Barz enthalten )
Um die Basen von nicht auf Fels gegründeten Donjons gegen Unterminierung zu schützen, wurden sie oft eingemottet. Unter anderem dienten die oft auf Motten gebauten, runden oder polygonalen, 6-1 m hohen Mantelmauern denselben Zweck; sie umgaben kernburgartig den Donjon als 1. Mauerring, wie bei dem Donjon auf der Motte von Gisors (1097) (Abb. 2 und 3) und der von Château-sur-Epte (1087), den auf Kreidefelsen gelegenen Donjons von Château-Gaillard (1197) ( Abb. 4 und 5  ) und La Roche-Guyon (Anfang 13.Jahundertes.).
Die frühen Rechteckdonjons »normannischen«  mit Strebepfeilern und reppenanbau
(petit donjon) wie Nogent-le-Rotrou (1005 - 1025), Loches (1030) und Montbazon (1050)
( Abb. 6 ) zeigen starke Außenwände (2.80 - 4.00m), starke, z.T. abgetreppte (Nogent) und halbrunde Strebepfeiler (Loches), Scheidewände (-bögen) zur Vermeidung zu großer Balkenfelder und zur Raumgliederung.
Hierin ähneln sie wie der romanische Donjon von Falaise (1125) und der spätromanische von Chambois (1170) ( Abb. 7 und 8 ) ihren englischen Nachbarn, die - durchweg einige Jahrzehnte jünger - voluminöser, räumlich stärker durchgestaltet und mit ihren eingewölbten, z.T. umlaufenden Galerien auch wehrhafter waren, wie die Keeps von Colchester (1080), London (1080), Rochester (1127), Rising (1138) und Hedingham (1146).

Die Viereckform wurde ab Ende des 12.Jahundert zugunsten der Runddonjons verlassen, deren erste Vorläufer der Runddonjon von Fretéval (um 1100) und der spätromanische Donjon von Châteaudun (1179) ( Abb. 7 ) sind; letzterer ist durch seine Wehrgalerien zur Rundumverteidigung fähig. Die Vorteile der Runddonjons sind bessere Übersicht, kein toter Winkel, höhere Widerstandskraft gegen Beschuß, Material-ökonomie etc.Zur Bestreichung der Turmbasen baute man ab Anfang des 12. Jahrhunderts vorkragende Holzhurden. Über Zinnenfenster zugänglich wurden sie in vielen Variationen gebaut, sogar zwei-geschossig im Falle Coucy. Ab Anfang des 14.. wurden sie wegen Brandgefahr und Verwitterungsanfälligkeit durch steinerne Maschikulis ersetzt; deren Vorläufer sind die Gußerker auf Steinkonsolen der Johanniterordensburg von Krak des Chevaliers und Margat in Syrien (ab 1157) . Viele wehrtechnisch begründeten Bauentwicklungen in den Kreuzfahrerstaaten erreichten das Abendland und beeinflussten den französischen Burgenbau: z.B. die Talutage, eine steinerne Böschung, an der von oben geworfene Projektile abprallen und gegen Unterminierung der Burg schützen, wie an den Beispielen Krak und Kerak zu sehen.Bei den höchst seltenen romanischen Doppeldonjons wie Niort (1165-76) , Excideuil und Touffou (beide 12.Jahrhunderts) war gegenseitiger Schutz im Kalkül.
Am Doppeldonjon von Niort (Abb. 10) existiert schon um 1176 ein langer

Gusslochschacht hinter einem zwischen 2 Strebepfeiler gespannten, großen Mauerbogen.
Die spätromanische Epoche ist die Zeit der Experimente. Der einzigartige Donjon von Houdan (1137), ein Turmzylinder mit 4 halbrunden  Flankentürmen,  zeigt schon den Wunsch nach räumlicher Ausdehnung durch die überwölbten   Kammer     in    den Halbtürmen. Die vier kreuzartig zusammengefügten Halbrundtürme von Etampes (1147) und die von Ambleny (1190)  sind zu gleichberechtigten Bauteilen geworden. Diese Donjons waren noch effizienter gegen tote Winkel als Rundtürme, ihre Zugänge und Treppenführungen waren raffiniert angelegt.
Die 15 bekannten gotischen Runddonjons des frz. Königs Philipp II. August (1180-1223), des Erneuerers des frz. Burgenbaus, stehen am Anfang einer neuen Generation mit aktiver Verteidigung. Ihre typischen Merkmale sind:
- Eine gemauerte Abböschung, wie Beispiel Dourdan  zeigt;
umeist ein rundum gemauerter Graben mit Eskarpe und Kontereskarpe;
- zumeist zwei gegenüberliegende, durch Zugbrücken gesicherte Eingänge auf Hofniveau, wie hier das Beispiel Vernon zeigt;
-  drei-, selten viergeschossig, wie das Beispiel von Lillebonne  (Abb. 13) zeigt, max. sechsgeschossig im Falle des Tour Talbot in Falaise;
- Kreuzrippengewölbe mit kunstvollen Steinmetzarbeiten an Konsolen und Schlusssteinen;
- Kamine in allen Geschossen, einige mit Backöfen versehen;
- Brunnen innerhalb des Mauerwerks;
- in Chinon , Rouen und Dourdan, an unterirdische Gänge angeschlossen,wenige kleine Fenster in Nischen mit Steinsitzbänken;
- Perfekte Mauerwerkstechnik;
- Zumeist ohne Hurden ausgestattet, Rouen ausgenommen.
Weitere Beispiele sind:
Villeneuve-sur-Yonne und Gisors;
Mehun-sur-Yèvre und Verneuil.

Der größte war der Louvre, heute nur noch untergeschossig zu betrachten.
Von den philippinischen Runddonjons beeinflußt waren in der Folgezeit die Donjons von Najac (1253) mit den längsten Bogenscharten des MA (6,80m), Nesles-en-Tardenois (1226), Aigues-Mortes (1246) und Coucy (1225) ( Abb. 11 ).

Als Widersacher des französischen Königs Philipp II. August muß Enguerrand III., Sire von Coucy, als einer der schillerndsten Vertreter seiner Dynastie hervorgehoben.
In der kurzen Zeit von 1223-25 errichtete er Stadt und Burg von Coucy mit dem mächtigen Runddonjon, um nach seiner Heirat mit der Enkelin des englischen Königs seine Domaine beträchtlich erweitern zu können. Nach dem Tod von König Ludwig VIII. erhob er Ansprüche auf den französischen Thron. Nur Dank der Umsicht der späteren Regentin Blanca von Kastilien konnten Enguerrands Pläne vereitelt werden, woraufhin er seine berühmte hochmütige Devise formulierte: “Ich bin weder König noch Prinz noch Herzog, nicht einmal Graf, aber ich bin der Herr von Coucy.“
Die trapezförmige Hauptburg von Coucy übertrifft mit Frontlängen 111, 51, 70 und 105 m schon  flächenmäßig die königlichen Burgen. Selbst die flankierenden, viergeschossigen runden Ecktürme waren mit 35 m Höhe und bis zu 20 m Durchmesser größer als die königlichen Donjons, denen sie in der Ausstattung mit zahlreichen Kaminen, Latrinen, Rippengewölben im UG und EG und Holzdecken in oberen Etagen glichen.
Eine 4,92 m breite und 20 m hohe gewaltige Mantelmauer umgab halbkreisförmig den Donjon, den kolossalsten mittelalterlichen Rundturm Frankreichs mit einer Höhe von 54 m, einem Durchmesser von 31 m und Wandstärken von bis zu 7,50 m. Hofseitig war der Donjon über eine ausgeklügelte Zugbrücken-, Fallgatteranlage erreichbar. Die Eingangstür, geziert von einem spitzbogigen Tympanon mit dem Relief eines einen Löwen niederstreckenden Ritters, führt unterhalb der Windenkammer für Fallgatter und Zugbrücke in einen Gewölbeflur. Abzweigende Gänge führten rechts zu der 212-stufigen, bis zur Wehrplatte reichenden Wendeltreppe und links zu einer Latrine. Eine wiederum mit Balken verschließbare Tür führte in den mit Kamin, Backofen und einem 64 m tiefen Brunnen versehenen Saal im EG. Alle drei 12-eckigen Saalgeschosse waren mit einem Rippengewölbe mit Schlussring überwölbt. Räumliche Erweiterung und  Wandgliederung übernahmen 12 raumhohe, zwischen Strebepfeilern eingewölbte Wandnischen. Nur im EG bestanden zwei
übereinanderliegende Reihen von niedrigeren Nischen. Die Rundsäulen in den Schnittpunkten der Wandflächen trugen Blattkapitelle.
Im ersten OG mit Kamin und Latrine führten von den Rückwänden dreier Nischen Steintreppen zu den extrem hoch liegenden Fenstern. Ein Fluchtgang verlief zu einer Poterne, die mittels eines mobilen Steges mit dem Wehrgang der Mantelmauer verbunden war.
Im zweiten OG wurde der Saal durch 11 Emporen in 3,5 m Höhe bedeutungsvoll erweitert. Ein Gang an den Schnittpunkten von Pfeilern und Mauerrund verband die Emporen, deren zwei Zwillingsfenster auch diesen Saal nur spärlich belichteten.
Bei der fast 10 m hohen und 2 m breiten Brustwehr wechseln Schießscharten mit hohen, spitzbogigen Zinnenfenstern, die den Hurdengang zugänglich machten, der die zentrale Abwehr von oben möglicherweise zusammen mit Wurfmaschinen verstärkte. Die Mauerkrone bildete ein beidseitig weitausladendes, doppelreihiges Kranzgesims mit Laubwerk (1240). Die doppelseitigen Hurden lagen auf den 48 Steinkonsolen und reitend auf der beidseitig abgeschrägten Mauerkrone auf. Vier fast 10 m hohe Fialen, von denen Viollet-le-Duc Fragmente gesehen haben wollte, krönten das Gebäude.
 

Am 27.3.1917 wurde der Donjon von deutschen Truppen im Zuge einer Frontverlegung mit 28 t Dynamit in die Luft gesprengt und fiel in sich zusammen. Teilausgrabungen lassen darauf schließen, dass der EG-Grundriss unter dem derzeitig ca. 10 m hohen Schutthaufen relativ unbeschadet erhalten ist.3
Die Donjons stehen in vorderster Verteidigungslinie und an  neuralgischen Punkten, manchmal in ältere Burganlagen implantiert wie bei Gisors, Falaise und Chinon. Die europäische Maßstäbe setzenden philippinischen        Runddonjons beeinflußten auch Richard Löwenherz beim Bau seiner runden Sporn-Donjons wie La Roche-Guyon (1190), Château-Gaillard (1197) und Issoudun (1187-95 / auch Philipp zugeschrieben). Im 14.Jahr-hundert wurden zahlreiche alte Donjons nach Zeitgeschmack oft umfassend umgebaut, so z.B. Grand-Pressigny, Lavardin u.a.; die im späten 14.Jahrhundert neu errichteten Donjons sind meist von hervorragender Bauweise.
Beim kleeblattförmigen Donjon Tour Solidor (1382) ( Abb. 27 ) verbinden 3 Kurtinen die 3 gleich hohen Halbrundtürme. Die späten »Donjons«, besser »maisons-fortes«, wie Domeyrat (1435), Anjony (1439) u. v. a. sind dem Vierturmprinzip verpflichtet; ähnliche Typen sind Val (1322) mit 5 Rundtürmen, Sarzay (15.Jahrhundert) mit 6 Türmen wie auch  Blanquefort (1271), wo 6 Rundtürme mit einem rechteckigen Wohngebäude verschmolzen sind. Die großartigste Ausführung dieses Typs ist der Donjon von Vincennes vor den Toren von Paris.
Bemerkenswerte Sonderformen mit 3-, 5- oder 8-eckigem Grundriss wurden vom 12.-15.Jahrhundert errichtet; ganz selten auch 12- oder 16-eckig, mandelförmig, oval oder polygonal. Der einzigartige Dreiecksdonjon von Beaucaire (1216) ( Abb. 13 und 14 ) hat im Bergfried der Burg Grenzau (1215) sein deutsches Gegenstück. Fünfeckdonjons waren im 12./13.Jahrundert relativ häufig: z.B. Crest (1150, 52m hoch)  (Abb. 15und 16), Orthez (Anf. des 13.Jahrhunderts.), Cabaret (1250) und Bonaguil (13. Jahrhundert). Im 14.Jahrhundert entstanden fünfeckige Türme oft durch Anbau eines Spornes an bestehende viereckige Donjons (etwa Commarque).
Das Achteck als Grundkonzeption wurde schon 1150 am Donjon von Provins gezeigt, ebenso 8-eckig ist der 57m hohe Donjon von Largoet-en-Elven (14.Jahrhundert) (Abb. 17) und der Donjon von Oudon (1392).
Ein sehr seltenes Beispiel für ein Zwölfeck ist der Donjon von Vievy-le-Rayé. Ein 16-Eck beschreibt der eigentümliche Donjon von Châtillon-Coligny (12./13.Jahrhundert. Der donjonartige, angriffsseitige Eckturm von Coudray-Salbart (1226) ist mandelförmig, der Donjon von Lys-Saint-Georges (15.Jahrhundert ) bildet ein Oval. Polygonale Formen bestehen seit dem 11.Jahrhundert, so Gisors (1097), Gavaudun (Mitte 13.Jahrhundert ) und neben anderen der Donjon von Bricquebec (14.hrhundert). Einmalig in seiner romantischen Silhouette und plastischen Durcharbeitung ist der elegante Donjon von Septmonts (14.Jahrhundert).
Bemerkenswerte Formen an Donjons entstanden zur Mitte/ zum Ende des 14.Jahrhunderts wie z.B. der Tour du Guesclin von Grand Fougeray ( Abb. 18), der Donjon de la Duchesse Anne von Dinan ( Abb. 19 ) und die Tour Saint-Nicolas von La Rochelle.
Zuletzt möchte ich Ihnen noch die ungewöhnliche Form des Donjons von Castelnaud ( Abb. 20 ) vorführen, der nicht einfach aufzumessen war, wie die Zeichnung zeigt.

Anmerkungen

1.)Der Verfasser ist freischaffender Architekt und recherchierte mit seiner Frau und Herrn Architekt Sibert von Lovenberg von 1984 bis 1996 vor Ort in Frankreich und Belgien  mit dem Ziel, über das Thema Französische Donjons eine Veröffentlichung mit Darstellung von insgesamt 130 selber vermessenen Donjons herauszubringen. 1996 gründete der Verfasser die Gesellschaft für internationale Burgenkunde Aachen e.V. (GIB e.V.) . Seine Recherchen wurde der viersprachigen Wanderausstellung  Französische Donjons zugrundegelegt, in der u.a. 35 Donjons auf je einer Schautafel dargestellt werden. Die Ausstellung hat mit ihren beiden Modellen Donjon von Coucy ( 6 x 6 m ) und Französisches Ritterturnier seit Frühjahr 1998 bis heute 500.000 Besucher an 14 Orten in Deutschland, Frankreich, Belgien und in den USA erreicht, hierunter weit über 1000 Schulklassen.  Noch m Frühjahr 2001 war sie im Museum von National Geographic Society in Washington D.C. zu Gast. Einen kleinen Einblick zum Thema GIB e.V.t der vom Verfasser 2001 herausgegebene viersprachige Ausstellungskatalog wieder, der unmittelbar über die Geschäftsstelle der GIB e.V.  Grindelweg 4, 52076 Aachen zum Preis von 36 Euro zzgl.Versandkosten beziehbar ist.  Auf den erfolgreichen Spuren dieser Ausstellung konnte der Verfasser 14 Professoren und weitere Wissenschaftler des In- und Auslandes für die Bearbeitung eines neuen  Ausstellungsthemas Burgen aus der Zeit der Kreuzfahrerstaaten gewinnen. Diese wiederum mehrsprachige Ausstellung sollunter Leitung des Verfassers Ende 2004  fertiggestellt sein. Neben ca. 60 Schautafeln sollen ein authentisches Modell der Johanniterburg Marqab während einer Belagerung 1285 und ein Ausschnitt aus aus dem Bazar von Aleppo in unmittelbarer Nähe der Omayadenmoschee  und der Stadtburg dargestellt werden. Nähere Informationen hierzu unter www.burgenkunde.de. 2.)Alle Abbildungen und die gerasterten Zeichnungen stammen vom Verfasser selber.
3.) Die Ausstellung Französische Donjons soll mit dem authentischen Modell in M 1 : 25  von 6 x 6 m Größe und 2,40 m Höhe dazu beitragen, dass eine totale Freilegung des Erdgeschosses mit dem umlaufenden Graben und seinen Eskarpen und Kontereskarpen  hoffentlich bald ermöglicht wird.

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