Aachener Nachrichten vom 06. Dezember 1997

Burg-Fieber grassiert
Am Einhard-Gymnasium taucht man tief ins Mittelalter


Von Nachrichten-Mitarbeiter
Alexander Nieder

Aachen. Bernhard Siepen ist der Ansicht, daß „alle angesprochen sind, Kultur zu vermitteln und zu wahren“. Sven und seine Freunde sehen das genauso, formulieren es nur ein wenig anders. Ihr knapper Kommentar: "Coole Sache".

Eine Burg hilft über mögliche Verständigungsschwierigkeiten hinweg: Siepen ist 2. Vorsitzender der Gesellschaft für Internationale Burgenkunde (GIB e.V.) mit Sitz in Aachen ,die den Riesenturm der französischen Burg Coucy als Modell nachbaut (wir berichteten). Dabei helfen ihm der 13jährige Sven Wappner und seine 29 Mitschüler/innen aus der Klasse 7 a des Einhard-Gymnasiums: In einer wöchentlichen Doppelstunde ist Burg-Basteln angesagt. Das gefällt den Jungen und Mädchen außerordentlich gut.
Donnerstags in den ersten beiden Stunden sieht man die jungen Leute diskutieren, welche Farbe denn nun der Brustpanzer des tapferen Ritters bekommen soll, welcher an den Baum gefesselte Ganove schicker aussieht und ob die Sturmleiter die richtige Länge hat. Sie schmirgeln und schneiden an den  Elastolinfiguren  herum

und versinken tief im Mittelalter - "sowas Tolles haben wir noch nie im Unterricht gemacht."

 Pädagogisch wertvoll

Das findet nicht nur Sven: Gemeinsam mit fünf anderen Mitschülern ist er inzwischen der GIB e.V. beigetreten und freut sich noch mehr.auf die Weihnachtsferien, als es der normale Schüler ohnehin tut: „Da haben wir den ganzen Tag Zeit, an der Burg zu bauen.“ 2500 Figuren warten auf den Anstrich, das Burgmodell selber (Maßstab 1 : 25) wird vier mal fünf Meter breit und zweieinhalb Meter hoch.
Aus pädagogischer Sicht ist der Burgen-Bau eine wertvolle Sache, wie Geschichts- und Lateinlehrer Hans-Peter Wallraff erklärt: „Das Mittelalter kommt oft viel zu kurz im Unterricht, und hier lernen die Schüler die damaligen Lebensformen und -ordnungen und den Alltag kennen.“
Auch der Lehrer ist vom Burg-Fieber gepackt: Er ist nach der ersten Schnupperstunde mit Bernhard Siepen spontan der GIB e.V. beigetreten und bastelt auch in seiner Freizeit voller Begeisterung am Modell. Die GIB e.V. freut sieh über jede helfende Hand. Und außerdem: Je schneller die Burg fertig ist,  desto    eher    bekommt    sie    einen

angemessenen Standort: Noch ist sie in Bernard Siepens Doppelgarage zuhause.

Zum Thema
1917 flog die ganze Anlage in die Luft

Die französische Burg Coucy liegt in Nordfrankreich (in der Nähe von Laon), stammt aus dem 13.Jahundert und wurde von deutschen Truppen gesprengt. Die Gesellschaft für Internationale Burgenkunde (GIB e.V.) versteht daher ihr Projekt als Beitrag zu deutsch-französischen Freundschaft: Die baut die Burg im Maßstab 1:25 nach und stellt sie dann aus. Vom 9. bis 27. März wird sie in der Kundenhalle der Sparkasse am Elisenbrunnen zu sehen sein, von Juni bis August ist man im französischen Loches (bei Tours) zu Gast. Wer bei der GIB e.V. mitmachen möchte, ist bei Bernhard Siepen an der richtigen Adresse: Erleitet die GIB e.V.-Geschäftsstelle in Aachener Grindelweg 4 und ist erreichbar unter Tel.:604500 zu erreichen.

So macht Schule Spaß: Die Klasse 7 a des Einhard-Gymnasiums ist seit Wochen mit Feuereifer dabei, die gewaltigen Figurenmengen für den Nachbau der Burg Coucy zu basteln.

Beim Pinseln, Schmirgeln, Schneiden ist Millimeterarbeit
nötig.