Aachener Nachrichten vom 03. Februar 1996
Donjon:
Schöner Wohnen im Turm |
Von Alfred Stoffels Aachen. Er war der größte und mächtigste seiner Art. Fast 700 Jahre lang hielt der "Koloß von Coucy", eine Art weltlicher Kathedrale, 54 Meter hoch und 31 Meter im Durchmesser allen Stürmen der Geschichte stand - dann flog er in die Luft, mitten im ersten Weltkrieg. Bernhard und Iris Siepen wollen den gigantischen Donjon wieder aufbauen. Zwar
„nur“ im Verhältnis 1 : 25, aber das gute Stück wird ohne Zweifel
der Blickfang werden bei der großen Ausstellung, die das Ehepaar für
1997 plant. Schon seit ihrer Kindheit begeistern sich die beiden, von
Hause aus selbständiger Architekt und Apothekerin, für Sakral- und Militärbauwerke
des Mittelalters, unter besonderer Berücksichtigung der erwähnten
Donjons. Letzte Zuflucht Alles
richtig. Es handelt sich um wehrhafte Wohntürme, in denen der Adel, vom König
bis zum ländlichen Mini-Aristokraten, während des Mittelalters zu Hause
war. Bei Angriffen auf die umgebende Burg dienten sie als letzte Zuflucht,
dann wurde auch die übrige Besatzung eingelassen. |
Aufschüttungen. Bis ins 11. Jahrhundert wurde in Holz gebaut, dann setzte sich allmählich massives Mauerwerk durch. Kein Turm wie der andere: Viele sind rund, andere quadratisch, rechteckig, sogar sechs-, acht- und zwölfeckig, und bisweilen stößt man auf mandel- .und kleeblattförmige Grundrisse. Allein die unglaubliche Vielfalt der Objekte - und es GIB e.V.t tausende , nicht nur in Frankreich -lohnt das Studium derselben. Zehnjährige Recherche Seit
zehn Jahren recherchieren die Siepens. Bis dato fanden über 15
Exkursionen nach Frankreich statt, rund 130 Donjons wurden eigenhändig
aufgemessen und bis ins Detail dokumentiert. In Archiven und andernorts mußte
die erforderliche Literatur aufgespürt werden, wobei der eine oder andere
Donjonbesitzer schon mal mit der Ausleihe uralten Familienschrifttums
behilflich war. |
selbst Burgenfan, zeigte sich überaus angetan von der Arbeit des deutschen
Verein wird gegründet Auf
Dauer will man sich mit den welschen Wohntürmen nicht bescheiden.
Künftige Anstrengungen sollen etwa englischen und irischen Burgen gelten,
den Kreuzritterburgen im Morgenland, Bergfrieden im Heiligen Römischen
Reich Deutscher Nation oder jemenitischen Türmen, den Wolkenkratzern des
Mittelalters. |
Kommentar zum Bild: Seit zehn Jahren spürt Bernhard Siepen mit seiner Frau der Geschichte und Architektur französischer Wohntürme nach. Einige der schönsten Donjons entstehen im Nachbau. Foto: Krömer |