Westdeutsche Zeitung vom 27. März 2002

2500 Ritter im Schloss Rheydt
Die Ausstellung "Coucy 1225" zeigt den detailgetreuen Modell-Nachbau der mächtigsten Festung Europas.
 Diese wurde im ersten Weltkrieg zerstört.


Von Marc Henkes

Man stelle sich vor: Englische Truppen belagern im Jahre 1339 Coucy, die mächtigste Burg des Abendlandes. Hunderte Ritter und Krieger rennen mit Angriffstürmen und Steinschleudern gegen die massiven Mauern an.
"Ein Szenario unglaublicher Brutalität", erzählt Bernhard Siepen von der Aachener "Gesellschaft für internationale Burgenkunde". Sein Sohn Michael (14) staffiert indes behutsam den zweieinhalb Meter hohen, hölzernen Wohnturm des "Donjon de Coucy" aus. Zwei Tage tüftelt das vierköpfige Team schon. Tafelnde Ritter, hämmernde Schmiede, Gaukler und Spielleute im Maßstab 1:25 sollen das mittelalterliche Leben und Treiben im nordwestlichen Frankreich des
Jahres 1223 schließlich möglichst

originalgetreu darstellen. Insgesamt 2500 Ritterfiguren und 100 000 Bausteine gehen durch die Hände der "Bauarbeiter".
Rund 500 000 Besucher haben die Ausstellung "Coucy 1225 - die mächtigste Festung Europas" bereits in Europa und Übersee bewundert. Ab Karfreitag wird die Modellstudie der größten Burganlage Frankreichs im Rahmen des Projektes "Krieg und Frieden" für die "Euroga 2002p1us" unter dem Titel "Raubritter und andere Zeitgenossen" auch im Herrenhaus des Museums Schloss Rheydt zu sehen sein. Die dreisprachige Schau, bebildert mit 35 Schautafeln, zahlreichen Fotos, Bauplänen, Landkartenausschnitten und alten Stichen, beruht auf einer zehnjährigen Forschungs- und Vermessungsarbeit von 130 Burgen in

Frankreich. "Allein zwei Jahre lang arbeiteten fast 150 Modellkunstfreunde an der Fluchtburg", berichtet der freischaffende Architekt und Burgenkundler Bernhard Siepen. "1223 von Herzog Enguerrand III. de Coucy in nur sieben Jahren erbaut, wollte er mit der größten Burganlage Europas seinen Anspruch auf den Thron geltend machen", erklärt er. "Heute sind von der Originalburg nur noch Trümmer übrig, seitdem deutsche Truppen den Altbau vor genau 85 Jahren sprengten." Mindestens bis 2005 soll die Ausstellung noch durch sieben europäische Länder reisen.
Bis zum 30. Juni (täglich von 11 bis 19 Uhr) haben die Besucher des Museums Schloss Rheydt die Möglichkeit, das Kunstwerk zu bestaunen. Führungen für Gruppen und Schulklassen können unter Tel.:  RY 9189015 vereinbart werden.

Beim Aufbau der historischen Burganlage sind Fingerspitzengefühl, Geduld und Genauigkeit gefragt.
                                                                                                                                                Foto: Horst Siemes