Freie Presse vom 11. September 2000

Ritter erobern Kriebstein mit einem Modell
Sonderausstellung "Französische Donjons" gestern eröffnet -
Höhepunkt ist die imposante Wehranlage von Coucy mit 2500 Figuren


Von Falk Bernhardt

Kriebstein. Franzosen und Engländer tragen ihren 100-jährigen Krieg zurzeit auf Burg Kriebstein aus: Seit gestern wird die monumentale Wehranlage Coucy von einer großen Streitmacht belagert - und an diesem Zustand wird sich bis zum 5. November auch nichts mehr ändern. So lang ist noch die Sonderausstellung "Französische Donjons" in drei Räumen der Burg zu sehen.
Donjons sind die Wohn- und Wehrtürme des Mittelalters, des elften bis 15. Jahrhunderts. Neben ihrer strategischen Bedeutung zeichneten sie sich außerdem durch ihre Defensivaufgaben und als letzte Zuflucht für die Bevölkerung der Stadt aus. Frankreichs größte Burg ist der Donjon von Coucy. Das Modell des 1917 von deutschen Truppen gesprengten Bauwerkes ist das Herzstück der Ausstellung des Vereins Gesellschaft für Internationale Burgenkunde.
Zur Eröffnung der von internationalen Experten anerkannten Exposition erklärte der Vorsitzende Bernhard Siepen die Entstehung des Modells, gab Einblicke in

die wechselhafte Geschichte Frankreichsund in die Arbeit seiner Gesellschaft. Für den Einsatz der sächsischen "Burgmannschaft" fand er nur lobende Worte. Den passenden Ton zur Vernissage traf die "Smedeberger Camerata": Junge Spielleute aus Schmiedeberg, die mit Gesang und allerlei Pfeifen den Zeitsprung erleichterten.
Vor zwei Jahren hatte die Ausstellung in ihrem "Geburtsort" Aachen Premiere, sie war inzwischen auch schon in Leisnig und Meißen zu sehen. Für Kriebstein ist der lehrreiche Einblick ins Mittelalter, der durch zahlreiche Schautafeln genauer erläutert wird, nun erstmals mit einem mechanischen Ritterturnier ergänzt worden. Das korrespondiert auch mit der Wehranlage von Coucÿ, denn Veranstalter der Wettkämpfe ist der Sire des besagten Donjons. Vertreten sind die führenden französischen Adligen, dargestellt in ihren authentischen Wappenfarben.
Hauptschauplatz bleibt jedoch die Wehranlage. Auch wenn sich hier im Gegensatz zum Ritterturnier nichts bewegt, wird doch mit etwas Phantasie

die Geschichte lebendig: Im Jahre 1339 belagern die Engländer die Anlage. Mit Katapulten, Pfeilwerfern, Schleudern und Sturmtürmen wird den Mauern zu Leibe gerückt. Die vollkommen eingeschlossene Besatzung von Coucy sucht ihr Heil mit einer Ausfalloffensive. Und die war wohl erfolgreich, denn erobert wurde Coucy nicht.
Im Gegensatz zur originalgetreuen Rekonstruktion des Donjons im Maßstab 1:25 ist das mit insgesamt 2500 Figuren auf 36 Quadratmetern inszenierte Geschehen natürlich nicht authentisch. "Aber eine denkbare Studie", wie Siepen betont. So ist im großen Turm, der auf der Rückseite aufgeschnitten sein Innerstes offenbart, ein Fest im Gange, der Folterkeller gut ausgelastet - zu Zeiten einer Belagerung eigentlich undenkbar, aber für einen Überblick über das Leben sehr hilfreich.
250.000 Besucher sahen die Ausstellung auf ihren verschiedenen Stationen bereits. Mit dem Zuspruch am ersten Tag der Schau in Kriebstein innerhalb des Tages des offenen Denkmals waren die Organisatoren schon sehr zufrieden.

Bereits zur Eröffnung fand die Sonderschau "Französische Donjons" auf Burg Kriebstein das ungeteilte Interesse der Besucher.                    Foto: Mario Hösel