Deutsches Architektenblatt Juni 2004

DAB-NRW 06/04 Rubrik: aktuell - Veranstaltungen
Einladung zu einer Reise in die Baukultur des Mittelalters
Vernissage zur Ausstellung „Von Aleppo nach Coucy“ im Haus der Architekten


Das Mittelalter ruft in uns Bilder von Kriegen, Kreuzzügen und Religionskämpfen hervor - aber auch Erinnerungen an großartige Bauwerke, das Entstehen vieler Siedlungen und Städte, an wachsenden kulturellen Austausch. Mit einer spektakulären Modell-Ausstellung will die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen bautechnische und -kulturelle Höchstleistungen präsentieren, die im 12./13. Jahrhundert durch die damals stattfindende Verbindung von Orient und Okzident möglich wurden. „Von Aleppo nach Coucy - vom Orient zum Okzident!“ ist der Titel der Präsentation, die am 29. April im Haus der Architekten in Düssel­dorf eröffnet wurde.

„Das große Interesse an der heutigen Ausstellungseröffnung zeigt: Die Vergangenheit ist lebendig, die Architektur des Mittelalters übt eine große Faszination auf uns aus.“ Mit diesen Worten begrüßte Hartmut Miksch, der Präsident der Architektenkammer, die über 280 Gäste, die zur Vernissage der Ausstellung ins Haus der Architekten gekommen waren. Auf gespanntes Interesse trafen die zwei Festredner des Abends.
Handelsplätze des Orients war und der bis heute erhalten ist. Prof. Udo Arnold von der Universität Bonn erläuterte die Architektur, Funktionsweise und historischen Entwicklungs-linien des Bazars von Aleppo (im heutigen Syrien),
der im Mittelalter einer der bedeutendsten

 „Der Bazar von Aleppo ist ein prominentes Beispiel für eine städtebauliche Form, die es nur im Orient gab und die in unserem westlichen Kulturkreis keine Entsprechung hat“, betonte Arnold. Der rege kulturelle Austausch, der die positive Seite der grausamen Kreuzfahrer-Zeit gewesen sei, habe eine starke gegenseitige Befruchtung bewirkt, von der vor allem der technisch damals deutlich weniger entwickelte Westen profitiert habe.

Ein Austausch, der sich in der Architektur des Donjons von Coucy allerdings nicht niederschlage, so Prof. Cord Meckseper von der Universität Hannover. „Obwohl acht Mitglieder der Bauherrenfamilie nachweislich Kreuzzügler waren, weist der Wehr- und Wohnturm von Coucy eine klassische abendländische Fes­tungsarchitektur auf.“ Dennoch sei das Bauwerk in vielerlei Hinsicht eine Architektur der Superlative: Mit einem Durchmesser von über 30 Metern war das Gebäude dreimal so umfangreich wie sonstige Wehrtürme der Zeit gewesen, auch die Wandstärke (7,5 m) und die Höhe (55 m) seien unübertroffen.

Der Bazar von Aleppo und der Donjon von Coucy stehen im Mittelpunkt der Ausstellung im Haus der Architekten. Die Gesellschaft für Internationale Burgenkunde Aachen e.V. hat beide Bauwerke in maßstabsgerechten Modellen detailliert

nachgebildet und präsentiert die Exponate in einer lebendigen Szenerie: Über 2000 Figuren lassen die Belagerung des Donjon von Coucy durch die Engländer im Jahr 1333 nachempfinden und verdeutlichen zugleich das architektonische Konzept der Wehrbauten jener Zeit. Auch der Bazar von Aleppo ist mit mehreren Hundert handgefertigten Figuren bevölkert, die anschaulich darstellen, welche Geschäfte, Gewerke und Dienstleistungen innerhalb des mittelalterlichen Bazars abgewik-kelt wurden.

Der Aachener Architekt Bernhard Siepen, Vorsitzender der Gesellschaft für Internationale Burgenkunde und Schöpfer der Modelle, betonte den wissenschaftlichen Anspruch der Ausstellung: Alle Maße seien exakt vor Ort erhoben bzw. historischen Darstellungen entnommen worden. Das Thema Burgenkunde stoße auf ein wachsendes internationales Interesse.
 

Die Ausstellung läuft bis zum 16. Juni 2004 im Haus der Architekten, Zollhof 1 (Medienhafen), Düsseldorf; Öffnungszeiten: Mo. - Fr. von 9.00 - 17.00 Uhr. Eintritt frei.




Christof Rose


Vernissage im Haus der Architekten (v.l.): Prof. Cord Meckseper (Uni Hannover), Hartmut Miksch (Präsident AK NW), Bernhard Siepen (Architekt, Vors. der Gesellschaft für Internationale Burgenkunde) und Prof. Udo Arnold (Uni Bonn).

 

 

Foto: T. Saltmann / Fotos der Modelle Aleppo (o.), Donjon von Coucy: - C. Rose