Montag, den 27.März 2017 |
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Ort: |
Kármán-Auditorium in 52066 Aachen |
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Thema: |
100jähriges Gedenken an die Zerstörung von Stadt, Burg und Donjon |
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Lichtbildervortrag mit zwei Beamern | ||||
Referent: | Dipl.-Ing. Bernhard Siepen, Vorsitzender der GIB | |||
zum Inhalt: |
Am 27. März 2017 sollte sich die burgeninteressierte Fachwelt an die vor 100 Jahren stattgefundene Zerstörung der mächtigen Höhenburg von Coucy im Départment Aisne zwischen Soissons und Laon erinnern. Der einzigartige Runddonjon war mit 54 m Höhe, einem Durchmesser von 31 m und bis zu 7,5 m starken Wänden der höchste des Abendlandes. Enguerrand III., sein Erbauer, erhob 1226 als einfacher, aber einflussreicher Baron Ansprüche auf die französische Krone, was die spätere Regentin Bianca von Kastilien vereitelte. Als Statussymbol und Machtzeichen ließ er ab 1220 in nur knapp 20 Jahren Burg und Stadt Coucy errichten, deren Überreste noch heute sehenswert sind. Die Dynastie der Enguerrand begann 1085 mit Enguerrand I. de Boves und endete 1397 mit Enguerrand VII. Seine Tochter Marie verkaufte ihre Rechte auf Coucy als Gräfin von Soissons an Herzog Louis von Orléans. Dessen Enkel König Ludwig XII. vereinte Coucy mit der französischen Krondomäne. Ehe der Besucher heute die Stadt betritt, steht er vor einer mächtigen Front einer Doppelturmtoranlage, flankiert von zwei weiteren Rundtürmen, die die Stadt auf einem Felsrücken absperrt. Von hier aus geht beidseitig eine mächtige Stadtmauer mit zahlreichen Türmen ab, die wiederum auf eine durch Rundtürme und Toranlage geschützte Sperrmauer stößt, hinter der sich die für Turniere prädestinierte, großflächige Vorburg erstreckt. Die Türme der Stadtmauer und der Vorburg sind größtenteils mit im Steilhang eingearbeitetem Talus versehen. Stiche des Architekten Jacques Androuet du Cerceau zeigen um 1540 einen Wassergraben vor der mächtigen halbrunden mit Talus versehenen Mantelmauer, in der sich am Fuße ein umlaufender Gang befand mit mittigem Brunnenturm. Hinter dieser Mauer schützte wiederum ein mit Eskarpe und Kontereskarpe versehener Graben den Runddonjon. Der Anblick von unten muss mit dem vorkragenden doppelten Hurdengang an der Krone des Donjons mehr als beeindruckend gewesen sein. Aus 54 m Höhe und über 100 m über dem Tal gelegen gewährte der Turm einen Weitblick, den die Militärs im Ersten Weltkrieg nicht nur zu schätzen gelernt hatte, sondern auch fürchten, denn wer den Donjon inne hatte, beherrschte auch das Umfeld. Jeder der vier weiteren Rundtürme der trapezförmigen Kernburg war größer als jeder königliche Donjon z.Zt. Enguerrands III. Konnte die mächtige Burg noch 1339 englischen Truppen widerstehen und von Enguerrand VII., mütterlicherseits ein Habsburger, modernisiert und ausgebaut werden, sprengten 1652 Truppen des Kardinals Mazarin die Gewölbe des Donjons und verwüsteten die Burganlage. Hiernach wurde sie, wie viele andere Burgen, zum Steinbruch erklärt. Erst das 19. Jh. erkannte den hohen geschichtlichen Wert dieses einzigartigen mittelalterlichen Wehrbaus. Der bekannte Architekt und Kunsthistoriker Eugène Viollet-le-Duc begann 1856 unter Kaiser Napoleon III. mit der Wiederherstellung und teilweisen Ergänzung des Donjons und der Außenwerke. Anders als bei der unweit entfernten Burg Pierrefonds, die er umfassend veränderte, konzentrierten sich seine Arbeit in Coucy auf die Realisierung eines doppelten Ringankers rund um das nach außen driftende 7,5 m starke Mauerwerk. Während des Ersten Weltkriegs geriet die Burg, seit 1914 von deutschen Truppen besetzt, 1917 fatalerweise in die Nähe der Frontlinie. Zuvor beauftragte noch 1915 der deutsche Kaiser Wilhem II. den Architekten, Burgenforscher und späteren Gründer der DBV Prof. Bodo Ebhard mit einer Bauaufnahme der Burg, das auf der Marksburg archiviert ist. Auch Dr. Dankwart Leistikow hatte in späteren Jahren mehrere Aufsätze über Coucy geschrieben. Es existieren heute noch viele Luftaufnahmen vor und unmittelbar nach der Zerstörung. Das deutsche Heereskommando beschloss trotz zahlreicher nationaler und internationaler Proteste – sogar des bayerischen Kronprinzen Rupprecht – die Sprengung des Donjons und der ihn flankierenden vier Rundtürme. 28 Tonnen Dynamit hinterließen einen 10 m hohen Schutthaufen mit Kragsteinen und den beiden verbogenen Ringankern des ehemaligen Donjons. Dieser Anblick blieb bis heute erhalten. Die Aachener Gesellschaft für Internationale Burgenkunde hat 1996 bis 1998 eine Rekonstruktion in M 1 : 25 als Ausschnitt aus der Kernburg und ihres Donjons mit spannender Inszenierung von ca. 2500 handgefertigten Figuren auf 36 qm Grundfläche vorgenommen, das alleine im Museum der National Geographic in Washington D.C. und im Joslyn Art Museum in Omaha/Nebraska 2002 und 2006 ca. 120.000 Besucher erreichte. Zurückliegend entstanden Massenmodelle im M 1 : 500 verschiedener Burgen, auch eines von Coucy im Zustand um 1540, wie die Burg Androuet du Cerceau gesehen und gezeichnet hat. Ca. 15 weitere Modelle von christlichen und muslimischen Burgen aus der Kreuzzugsepoche im Vorderen Orient sollen folgen. |
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Weitere Informationen, siehe unter
Ereignisse unter Mitwirkung der
GIB e.V. 2017-07 |
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Aachener
Nachrichten vom 27.03.2017 Burgenrekonstruktion im Maßstab 1 : 500 Vortrag der Gesellschaft für Internationale Burgenkunde zum 100.Jahrestag von Stadt, Burg und Donjon von Coucy |
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Aachener Woche vom 26.03.2017 Sogar der Kronprinz protestierte. Deutsche sprengten einst die Burg Coucy - Burgenverein zeigt sie im Großmodell. |
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Grenzecho vom 25.03.2017 Geschichte: Aus stragegischen Gründen im Ersten Weltkrieg gesprengt In Coucy stand der mächtigste Burgturm Europas |
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Aachener Zeitung vom 24.03.2017 Es war einmal eine Burg Vortrag zum 100.Jahrestag der Sprengung von Stadt und Burg Coucy |
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Mitteilungen
der Deutschen Burgenvereinigung e.V. Gedenken an die Zerstörung des Donjons von Coucy-le-château vor 100 Jahren |
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Figuren-Magazin
1-2017 Ausstellung Rückzug aus dem Heiligen Land Rekonstruktion der 1291 aufgegebenen Templerburg Atlit |
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Figuren-Magazin 1-2017 Der Donjon von Coucy-le-château Zum 100.Jahrestag seiner Zerstörung |
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