Vortragsankündigungen im künftigen Halbjahresprogramm:

Samstag, den

8.März 2003

20°° Uhr

Ort:

Tagungshotel Buschhausen, Adenauerallee 215 in 52066 Aachen

Thema:

Der "Davidsturm" in der Zitadelle von Jerusalem

Der sog. "Davidsturm" in der Zitadelle von Jerusalem hat als bestimmender Faktor des Wehrbaues in der Geschichte der Heiligen Stadt viele Jahrhun­derte hindurch eine bedeutende Rolle gespielt. Durch seine exponierte Lage am (heutigen) Jaffator, durch sein staunenswert-urtümliches Mauerwerk und seine wuchtig hochragende Gestalt über der vom osmanischen Ausbau geprägten Zitadelle, läßt sich in ihm noch heute eines der eindrucksvoll­sten Baudenkmäler der Stadt erkennen. Seine (legendäre) Namengebung erinnert an die Frühzeit der Könige. Zumindest seit den Kreuzzügen war der "Davidsturm" in aller Munde, denn seit der Eroberung Jerusalems 1099 ist er mit vielen wichtigen Ereignissen verbunden, blieb der Bau mit der umgebenden Zitadelle einer der bedeutendsten Festpunkte im Stadtgebiet. Er erscheint auf Siegelbildern und Darstellungen der Heiligen Stadt und ge­hört schließlich trotz des wiederholt veränderten umgebenden Baubestan­des in das große Bild der Kreuzritterarchitektur.

Der gewaltige Turmunterbau von mehr als 22 x 17m Seitenlänge wurde schon früh als ein Werk des Herodes
( 37- 4 v.Chr. ) identifiziert, wozu die überlieferte Beschreibung der drei Türme des Königs und seines Palastes durch Flavius Josephus beigetragen hat. Der offensichtlich spätere, obere Teil des Turmes wurde dagegen weit weniger beachtet.

 Im Zuge der ersten jüdischen Mauer und am Platze eines älteren hasmonäischen Turmes gelegen, wurde der "Davidsturm" im Zusammenhang mit den ver­schiedenen Ausgrabungen in der Zitadelle und im benachbarten Armenischen Garten gewürdigt und schließlich im ausführlichen, zusammenfassenden Re­port des Ausgräbers C.N.Johns von 1950 behandelt.

Immer wieder fand das Mauerwerk des Unterbaues mit seinen Spiegelquadern Beachtung, das auffallend unsorgfältige, nur partienweise auftretende Buckelquaderwerk des Oberbaues wurde dagegen mit Bauten der Kreuzfahrerzeit in Beziehung gesetzt. A. Rieber und K. Reutter haben sich 1974 eingehend mit der Entstehung der Buckelquadern in Deutschland beschäftigt und deren Einführung schließlich mit einer Übernahme vom "Davidsturm" in Jerusalem zu erklären versucht. König Konrad III. von Hohenstaufen (1138-1152), der das Heilige Land zweimal auf Kreuzzügen besucht hatte und während dessen Regierungszeit der Buckelquaderbau in Deutschland vermutlich aufkam, soll in erster Linie für diese damals in den Kreuzfahrerstaaten praktizierte Innovation verantwortlich sein. Jedenfalls findet diese Aussage bis in die jüngste Zeit engagierte Verfechter.

Die genannten Autoren sehen sogar die Vermutung begründet, dass "das Auf­kommen des Bergfrieds in den Burgen in Deutschland (bzw. wenigstens in Südwest-Deutschland) letztlich zurückgeht auf das Vorbild des Davidstur­mes in Jerusalem."

Bis heute ist diese Diskussion nicht abgeklungen, die Herkunft der Buckel­quadern nicht erklärt. Dabei wird aber am "Davidsturm" nicht deutlich genug zwischen den typisch herodianischen Spiegelquadern und dem (minde­stens im überlieferten Bauzustand) keinesfalls vorbildhaften Buckelquaderwerk des Oberbaues unterschieden und vor allem nicht berücksichtigt, daß gerade letzterer im Inneren charakteristische Merkmale der islami­schen Architektur aufweist und darüber hinaus in seiner Baugeschichte noch keineswegs abschließend geklärt ist.

Diesen Fakten soll hier nachgegangen werden, mit Fragen und Antworten zum "Davidsturm" und seiner behaupteten Vorbildeigenschaft, die einige grund­sätzliche Aspekte aufgreifen und klären sollen.

 Referent: Dr. Dankwart Leistikow, Dormagen
Nach praktischer Tätigkeit im Baufach und in der Denkmalpflege ( als Maurer, Steinmetz und Zimmermann ) u.a. in Heidelberg, Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe. 1953 Diplom ( Prof. Egon Eiermann ), Studium ( Prof. Oscar Reuther ) und Promotion in Baugeschichte 1956 ( Prof. Arnold Tschira ). Berufstätigkeit als Architekt 1956 - 1989 in der Großindustrie, seit 1984 als Leiter der Architektur im Zentralen Ingenieurwesen der Bayer AG Leverkusen.
Baugeschichtliche Arbeiten und Publikationen mit den Arbeitsschwerpunkten: Architektur des 12. und 13.Jahrhunderts, besonders Wehrbau, Geschichte des Krankenhausbaus, Staufische Architektur in Süditalien, Kreuzfahrerarchitektur im Heiligen Land, Klosterbaukunst, Mittelalterlicher Baubetrieb, Werkzeuge und Geräte der Steinmetzen.
Mitglied der Koldewey-Gesellschaft für Baugeschichtliche Forschung und des Wissenschaftlichen Beirates des Internationalen Burgeninstitutes IBI/ Europa Nostra und der Wartburg-


Quelle: Karl-Müller-Verlag Erlangen 1995 aus Israel, das Heilige Land von Sarah Kochav

 

 










 


Blick auf das heutige Jerusalem
Quelle: Lithographien und Reisetagebuch von David Roberts,
Das Heilige Land - gestern und heute,
Karl-Müller-Verlag 1995

 


Davidsturm
Quelle: Karl-Müller-Verlag Erlangen 1995 aus Israel, das Heilige Land von Sarah Kochav

 


Blick auf Jerusalem, 1838
Quelle: Lithographien und Reisetagebuch von David Roberts,
Das Heilige Land - gestern und heute,
Karl-Müller-Verlag 1995

 


Blick auf Zitadelle und Davidsturm, 1838
Quelle: Lithographien und Reisetagebuch von David Roberts,
Das Heilige Land - gestern und heute,
Karl-Müller-Verlag 1995

 

weitere Informationen zu zurückliegenden Vorträgen von Herrn Dr. Leistikow in der GIB e.V. unter
Ereignisse in der GIB e.V. 2002-15,

Burgtürme in Apulien - Donjon und Wohnturm
und

Castel del Monte - Baudenkmal zwischen Spekulation und Forschung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hintergrund: Blick auf Zitadelle und Davidsturm, 1838
aus Lithographien und Reisetagebuch von David Roberts,
Das Heilige Land - gestern und heute,
Karl-Müller-Verlag 1995