Vortragsankündigungen im laufenden Halbjahresprogramm:

Samstag,
den 25.Januar 2003
19°° Uhr

Ort:

Tagungshotel Buschhausen, Adenauerallee 215 in 52066 Aachen

Thema:

Pfeil und Bogen: Entwicklung, Nutzung und Wirkung

Stock und Stein waren die ersten Werkzeuge und Waffen des Menschen. Die Erfindung und Weiterentwicklung von Waffen war erforderlich, weil der Mensch sowohl potentiellen Beutetieren als auch Raubtieren im Bezug auf Sinnesleistungen, Kraft, Geschwindigkeit und natürliche Bewaffnung (Zähne und Klauen) unterlegen war. Dem Faustkeil folgte der Spieß als Nahwaffe. Der Speer als erste Distanzwaffe und die Speerschleuder (Atlatl) ermöglichten eine zunehmend größere Distanz und Effektivität bei der Jagd und natürlich auch in kriegerischen Auseinandersetzungen. Der Atlatl war die erste aus mehreren Teilen bestehende Distanzwaffe. Der Bogen ermöglichte es, eine große Anzahl von Projektilen platzsparend mitzuführen und auf große Distanz zielgenauer als mit dem Atlatl zu platzieren. Damit konnte sich der steinzeitliche Jäger auch der sich ändernden Wildpopulation anpassen und auf flüchtiges Wild wie Ren etc. mit guter Aussicht auf Erfolg Jagd machen.
Die Erfindung des Bogens verliert sich im Nebel der Geschichte: Erfindungsort und -zeit können von der Archäologie nicht exakt bestimmt werden, da sowohl Bögen als auch Pfeile aus organischen Materialien hergestellt wurden, die die Zeit nicht überdauert haben. Erst mit der Verwendung von Pfeilspitzen aus Knochen und Stein hinterließen unsere Vorfahren datierbare Belege für die Verwendung von Pfeil und Bogen. Die ältesten Steinspitzenfunde werden auf 18.000 – 16.000 v.Chr. datiert, können aber nicht sicher als Pfeilspitzen identifiziert werden. Die bislang ältesten eindeutigen Belege für das Vorhandensein von Pfeil und Bogen stellen die aus Kiefernspaltholz hergestellten Pfeile vom Fundplatz Stellmoor bei Hamburg dar. Diese Pfeile repräsentieren bereits eine weit fortgeschrittene Technik und datieren auf 9.000 – 8.000 v.Chr. Der älteste Bogen, in den vierziger Jahren im Holmegaard-Moor auf Seeland, Dänemark, gefunden, datiert auf 8.000 v.Chr. Auch das Design dieses Bogens zeugt von gehobenem Know-how. Einen Beleg dafür, daß der Bogen schon sehr früh auch als Kampfwaffe benutzt wurde, liefert eine mesolithische Felsmalerei (ca. 8000 v.Chr.) von les Dogues (Castellón, Frankreich). 1991 wurde in den Ötztaler Alpen die 5.300 Jahre alte Mumie eines Mannes mit kompletter Ausrüstung entdeckt. Wesentlicher Bestandteil der Ausrüstung war ein Langbogen sowie ein mit 14 Pfeilen gefüllter Köcher.
Pfeil und Bogen blieben für Jahrtausende die Hauptdistanzwaffe des Menschen. Die Sumerer, Mitanni, Mykener und Ägypter platzierten Bogenschützen auf Streitwagen. Die Assyrer führten berittene Bogenschützen ein, und bei den Reitervölkern der Steppe – Skythen, Sarmaten, Parthern und Hunnen – war der Kompositbogen die Hauptwaffe.
Dem vom Pferde aus eingesetzten Bogen und der damit möglichen Taktik der Mongolen hatte die gepanzerte Ritterschaft Russlands und Europas nichts entgegen zu setzen: Die Hochzeit des europäischen Rittertums wurde durch die Schlachten des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich am Ausgang des Mittelalters beendet: Gegen gepanzerte Ritter war der massierte Einsatz des englischen Langbogens verheerend. Die Armbrust war wegen der niedrigen Feuerfrequenz dem englischen Langbogen hoffnungslos unterlegen.
Die Armbrust wurde um 400 v.Chr. in China erfunden. Die neue Erfindung hat sich schnell in Asien ausgebreitet. Auch im griechisch-römischen Altertum war sie unter dem griechischen Namen Gastraphetes (Bauchgewehr) bekannt. In der kriegerischen Auseinandersetzung Eurasiens wurde der Bogen allerdings erst durch das Auftreten der Feuerwaffen am Ende des Mittelalters, weil Musketenschützen leichter auszubilden und somit billiger waren. Als Jagdwaffe waren Bogen und Armbrust aber wegen ihrer Lautlosigkeit in diesem Raum weiterhin noch lange beliebt.
In den Nordamerikanischen Indianerkriegen des 19. Jahrhunderts war der Bogen eine gefürchtete Waffe. Erst mit Einführung der Repetiergewehre konnten die bis dahin sowohl an Feuerfrequenz als auch an Präzision überlegenen Indianer besiegt werden. Wegen seiner höheren Schussrate und Präzision hatte noch Benjamin Franklin während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges vorgeschlagen, die Muskete durch den bewährten englischen Langbogen zu ersetzen.
Heute wird der Bogen noch in Südamerika, Afrika, der arabischen Halbinsel, Indien und auf Papua-Neu Guinea sowohl zur Jagd als auch in kriegerischen Auseinandersetzungen von der einheimischen Urbevölkerung benutzt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde eine Renaissance des sportlichen und jagdlichen Bogenschießens eingeleitet. In Nordamerika GIB e.V.t es heute etwa 2,5 Millionen Bogenschützen, von denen nicht wenige mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen. Auch in vielen Ländern Europas ist die Bogenjagd erlaubt.
Zusammenfassend kann festgestellt werden:

Die Erfindung des Bogens als erster „Maschine“ markiert den revolutionären Schritt vom homo erectus zum „homo technicus“. Diese Erfindung wird daher in der Encyclopädia Britannica in einem Atemzug genannt mit der Erfindung des Feuers, des Rades und der Sprache.

Pfeil und Bogen haben im Laufe der Geschichte vermutlich mehr Menschen ernährt, aber auch mehr Menschen getötet als jede andere Waffe.

Referent:

Prof. Dr. rer. nat. Erhard Godehardt

Ausbildung, Positionen

1974
1980
1986
1989
1991
1974–1979

1979–1986

seit 1986
Diplom in Mathematik an der Universität Düsseldorf
Promotion zum Dr. rer. nat. an der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf;
Habilitation an der Universität zu Köln für Medizinische Dokumentation und Biometrie;
Verleihung der Johann Peter Süßmilch-Medaille durch die GMDS
Verleihung des Titels „außerplanmäßiger Professor“;
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Düsseldorf an den Instituten für
Mathematik,
für Psychologie und für Medizinische Statistik und Biomathematik;
wissenschaftlicher Assistent an der Universität zu Köln am Institut für Medizinische
Dokumentation und Statistik;

wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter der Arbeitsgruppe Biometrie in der Klinik für

Thorax- und Kardiovaskularchirurgie der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf.

Forschungsschwerpunkte

Wahrscheinlichkeitsmodelle für Zufallsgraphen und ihre Anwendung in der numerische Klassifikation in der Medizin, Biologie und Archäologie.
Drei-dimensionale Bildbearbeitung in der Herzchirurgie und in der forensischen Medizin und Archäologie.
Arbeiten zum Wirkungsgrad von Nachbauten historischer Bögen.
Forschungsaufenthalte und Einladungen von Gastwissenschaftlern
Die meisten Aufenthalte wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert:

            Medical Center of the University of Alabama in Birmingham;

            Adam Mickiewicz-Universität in Poznań (mehrmals);

            Pace University in New York (mehrmals).

Ebenso konnten im Rahmen meiner Drittmittel-Projekte Wissenschaftler aus den USA und Polen zu Aufenthalten eingeladen werden.
 

Eigene Drittmittel-Projekte

1992–1998      Zufallsraphen in der Numerischen Klassifikation:
Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (drei

Projekte);

seit 2002        Wirkungsgrad von Nachbauten historischer Bögen mit niedrigen Zuggewichten: Förderung über zwei Jahre durch die

Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Fachgesellschaften

–  Deutsche Region der Internationalen Biometrischen Gesellschaft;

– Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS);

–  Deutsche Gesellschaft für Klassifikation;

– Gesellschaft für Informatik, Arbeitskreis „Simulation in Biologie und Medizin“;

–  Bernoulli-Gesellschaft des International Statistical Institute (ISI);

    The New York Academy of Sciences;

    Gesellschaft für Internationale Burgenkunde Aachen.

Publikationen

Als Erstautor oder beteiligt bei zwei Monographien, 55 Buchbeiträgen und 92 Originalarbeiten aus dem mathematischen, biometrischen oder archäometrischen Gebiet; dazu viele als Kurzfassungen publizierte Vorträge sowie Buchbesprechungen.